es ist schwierig, dieses buch in wenigen absätzen zusammenzufassen. isabel allende erzählt über 500 seiten eine geschichte über, in ihren eigenen worten, "schmerz, blut und liebe" die sich über mehrere generationen zieht und dabei das leben des jähzornigen minenarbeiter-turned-großgrundbesitzer-turned-senator esteban trueba als roten faden benutzt. in dem buch werden so viele ereignisse beschrieben, dass es ein zehnminütiges video mit playmobil-figuren bräuchte, um auch nur eine grobe übersicht zu bekommen (besagtes video existiert). doch selbst dabei ginge so viel an kleinen nuancen, anfangs unterschwelliger und später, wie im echten leben, überbrodelnder kritik am status quo verloren, dass es dem buch kaum gerecht werden könnte.
das einzige, das sich konsistent durch das buch zieht, ist die dauerhafte antizipation von tiefen, die auf jeden höhepunkt und jede geste der leidenschaft folgt. ob férula, die von esteban trueba aus dem haus verjagt wird, weil sie in clara verliebt ist. oder pedro tercero, der drei finger verliert, weil er claras tochter blanca zu nahe gekommen ist. oder jaime, der arzt der beim putsch von einem erschießungskommando an die wand gestellt wird. oder rosa, die del valles, blanca, alba, pedro segundo, pancha...
alle diejenigen, die mitgefühl für ihre umgebung empfinden, werden bestraft und hören doch nicht auf. und diejenigen, die es nicht tun - esteban trueba, esteban garcia, transito soto - werden belohnt, aber mit der ausnahme sotos ist niemand von ihnen damit zufrieden. und dann stehen da noch die wenigen, die sich in dieser binarität der definition entsagen; clara, onkel marcos, nicolas. zu sehr mit dem schauspiel in sich selbst und der spiritualität und dem abenteuer in und um sich befasst, um am ende überhaupt zu wissen, wie es das leben denn nun mit ihnen gemeint hat.
man merkt, die charaktere in das geisterhaus sind vielschichtig. selbst esteban trueba, so viele telefone er auch zerschlagen haben mag, hat seine guten seiten. damit hat allende wirklich ein werk geschaffen, das einen in seinen sog zieht. einzig und allein das beliebige nutzen von slurs ist zwar zeitgemäß, holt einen allerdings immer wieder kurz in die realität zurück. jedes mal, wenn ein schwarzer mensch, sinti*zze oder eine homosexuelle person relevant ist, kommen die worte aus der untersten schublade heraus. zudem ist die beschreibung von (auch sexueller) gewalt so detailliert, dass es einem den magen umdreht. gerade in einer geschichte, die zwar fern von marginalisierung ist, sich dieser aber trotzdem annimmt, ist das ziemlich schade und wäre, zumindest in dem ausmaß, meiner meinung nach nicht nötig gewesen.